Was einen nicht umbringt, macht einen härter. Oder? In diesem Fall stimmt der Spruch vielleicht sogar. Immerhin soll eine kalte Dusche gesund sein, daher ist sie besonders beliebt unter BioHackern. Aber lohnt es sich wirklich, oder quält man sich umsonst? Welche Vorteile hat es, sich zu überwinden und unter das eiskalte Wasser zu steigen? Nach meinem zweiten Monat Eisduschen kann ich dir nur sagen – es war eine spannende Entwicklung!
Mehr als nur gesund
Um eines gleich von Anfang an klarzustellen: Die gesundheitlichen Aspekte der kalten Dusche sind nicht der Hauptgrund gewesen, warum ich mich dafür entschieden habe. Es ging dabei eher um meine mentale Gesundheit und meine Willenkraft. In unserer heutigen Welt ist es nur allzu leicht sich vor unangenehmen Einflüssen zu schützen. Oft hat dies aber einen negativen Effekt, den wir gänzlich außer Acht lassen: Wir werden unglücklich und krank.
Der Grund dafür ist, dass wir uns immer weniger „echtem Stress“ und immer mehr chronischem Stress aussetzen. Während echter Stress kommt und geht (wie eine kalte Dusche) ist chronischer Stress allgegenwärtig (finanzielle Sorgen usw.). Mit der kalten Dusche wollte ich dieses Ungleichgewicht wieder ausbalancieren – und es hat gewirkt!
Fokus und Selbstbeherrschung
In unserer schnellen Zeit sind wir vor allem auf rasche Erfolge und leichter Unterhaltung fokussiert. Es fällt den meisten schwer sich selbst zu kontrollieren. Kein Wunder, denn unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Hindernisse möglichst zu vermeiden. Früher war dies zum Überleben auch sehr sinnvoll. Heute hingegen erlauben wir unseren Gedanken uns in unserer Komfortzone einzusperren und du zu verkümmern. Wie bei einem quängelndem Kind erlauben wir unserem Kopf alles was er möchte.
Das wahre Glück und der Erfolg liegen aber nicht innerhalb der Komfortzone, sondern außerhalb. Egal was du erreichen möchtest, es wird Willenskraft und Selbstbeherrschung erfordern. Daher bewundern wir jene Menschen, die über ihre Grenzen gehen. Eine dieser Grenzen ist das körperliche Wohlbefinden. Egal ob beim Training oder bei einer kalten Dusche, solange du dich regelmäßig darin übst deine Grenzen neu herauszufordern, wirst du mehr und mehr Selbstbeherrschung erlangen.
Tu es oder tu es nicht – es gibt kein Versuchen
Leider behält Yoda in den meisten Fällen recht. Entweder stellt man sich unter die eiskalte Dusche oder eben nicht. Da gibt es kein Mittelding. Höchstens eine „Eingewöhnungsphase“, die es aber nicht wirklich leichter macht. Für mich war das langsame Herantasten an die kälteste Stufe meiner Dusche jedenfalls noch schlimmer als einfach aufzudrehen. Im ersten Moment bleibt einem der Atem weg, aber das ist nur die ersten Male so. Später wird’s etwas besser!
Am wichtigsten bei dieser Challenge ist es wohl, sie tatsächlich durchzuziehen. Dafür habe ich mir vorgenommen bei wirklich jeder Dusche eine eiskalte Phase hinten anzuhängen, solange wie ich es aushalte. Dieses Versprechen mit zusätzlichem Auslöser ist wichtig, da man sich sonst kaum dazu durchringt. Unter die Dusche hüpfen hingegen muss man sowieso und da ist das als Auslöser doch recht naheliegend. Wer dadurch aber gar nicht mehr duschen geht, um diesem Eisregen zu entkommen, sollte es wohl lieber lassen, sonst wird das kein Monat der sozialen Kontakte.
Richtige Herangehensweise
Das erstaunliche für mich ist, dass ich mich in relativ kurzer Zeit von einem kurzen kalten Abduschen zu einem Eisbad von 10 Minuten gesteigert habe. Aber das ist nicht zufällig passiert, sondern war das Ergebnis längerer Internet-Recherchen und mehrer Bücher zum Thema „Selbstbeherrschung“ und „Eisbaden“. Ohne Zwiefel ist die richtige Atemtechnik das Wichtigeste um das Eisduschen zu überstehen.
Der Extremsportler Wim Hof, auch „Ice Man“ genannt, hat dafür eine einfache Atemtechnik entwicklet, mit der ich es geschafft habe mich gut auf die kalte Dusche vorzubereiten und trotz des eisigen Wassers nicht die Ruhe zu verlieren.
Dieses Ein- und Ausatmen wiederholst du solange bis du ein leichtes Kribbeln in Armen und Beinen spürst. Außerdem wird sich den Kopf etwas komisch anfühlen. Meistens passiert das nach ca. 30 bis 50 Mal ein- und ausatmen. Übertreibe es aber nicht, sonst wird dir schwindelig!
Die Atmung versuche ich während der Eisdusche ebenso ruhig zu halten, damit ich nicht in eine Stossatmung verfalle. Diese Technik hat mir auch geholfen schließlich ein 10 Minütiges Eisbad zu nehmen.
Warum soll eine kalte Dusche gesund sein?
Das Gefühl unter der Eisdusche zu stehen ist sehr zwiegespalten. Einerseits ist es so unangenehm, dass es einem die Luft nimmt, andererseits erfährt man ein wahres Aufputschmittel (wenn das Wasser wirklich kalt ist). Bei den ersten Versuchen ist es schwierig länger als 10 Sekunden unter dem Wasser stehen zu bleiben – muss man auch nicht. Schritt für Schritt kann man sich steigern. Bald schafft man 30 Sekunden, dann eine Minute. Dabei sind später eigentlich nur die ersten 10 Sekunden, in denen der Körper heruntergekühlt wird, wirklich übel. Danach wird es fast schon angenehm. Wichtig ist nur, dass man die Konzentration auf den eigenen Atem nicht verliert. Schön gleichmäßig ein- und ausatmen, dann geht das schon. Wenn die Haut langsam taub wird oder der Kreislauf nicht mehr 100% stabil wirkt, kann man ruhig zum Ende dieser erfrischenden Erfahrung kommen. Man fühlt sich nachher in jedem Fall energiegeladen und aufgeweckt.
Andere Vorteile, die eine kalte Dusche gesund machen sollen, habe ich nicht definitv feststellen können. Dazu gehören eine besser durchblutete, schönere Haut und gesündere Haare – beides ist schwer nachzuweisen. Außerdem habe ich nicht viele Haare am Kopf, also kann es schon sein, dass ein paar davon gesünder geworden sind. Auch die Auswirkungen auf die Stimmung, die durch kalte Duschen verbessert werden soll, habe ich nicht wirklich nachweisen können – höchstens direkt danach, wo ich ein echtes Hoch erlebt habe.
Dennoch werden diese Vorteile der kalten Dusche zugeschrieben und sind auch durchaus möglich. Immerhin wirken sich starke Temperaturveränderungen, wie es auch bei der Sauna usw. der Fall ist, positiv auf den Hormonhaushalt und den Kreislauf aus.
Einer der größten Vorteile, der definitiv wirkt, ist die gesteigerte Willenskraft und die Ablenkung von den kleinen Problemen des Alltags. Nach einer Eisdusche kann einen so schnell nichts unterkriegen. Es ist also in jedem Fall einen Versuch wert, selbst wenn du nicht gleich voll reinstarten möchtest.
Fazit
Kalte Duschen sind eine Überwindung, keine Frage. Und es wird mit der Zeit nicht unbedingt leichter, zumindest die ersten 10 Sekunden nicht. Dafür erlebt man dann ein wahres Hoch nach dem man sich wirklich frisch und energiegeladen fühlt. Andere Vorteile konnte ich leider nicht bestätigen. Dennoch sehr empfehlenswert, wenn man es durchbeißen will – immerhin ist eine kalte Dusche eine gesunde Art von Stress, die deine Willenskraft und Selbstbeherrschung extrem steigern kann!
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[…] Der Weg zur regelmäßigen Eisdusche ist aber längst nicht so lange, wie du vielleicht glaubst. Begonnen habe ich vor nicht einmal einem Jahr – habe aber das kalte duschen längst nicht regelmäßig betrieben (bis auf das Monat, in dem ich das Eisduschen getestet habe). […]