Unser Gehirn ist eine so emsige Rechenmaschine, dass es nicht aufhören kann Gedanken zu produzieren. Auch wenn 95% davon Wiederholungen sind (also wie bei Fernsehserien), ist es trotzdem unglaublich anstrengend so viel zu denken. Wie heißt es doch so schön: Seelig sind die geistig Armen. Oder eben diejenigen, die wissen, wie sie ihr Gehirn in Standby schicken (und es nachher wieder hochfahren können). Denn der Kopf kann durch Meditation lernen ruhig zu bleiben! Im Folgenden findest du eine Meditationsanleitung zum entspannen.
Ich denke, also bin ich überfordert
Falls du denkst, dass Meditation nichts für dich ist, weil das religiöser Unfug ist oder du zu ungeduldig dafür bist, muss ich dich enttäuschen: Meditation wird in unserer westlichen Welt immer beliebter, weil es Körper und Geist gesund hält. Natürlich brauchst du etwas Übung dafür und es wird dir keinesfalls leicht fallen. Doch sieh es mal so: Ist es nicht unglaublich traurig, dass wir nicht mal für 2 Minuten still sitzen können?
Bei all den Dingen, mit denen wir uns tagtäglich beschäftigen und die in unserem Unterbewusstsein kreisen, wäre es doch mal ganz angenehm das Gehirn auf Urlaub zu schicken und es ein wenig entspannen zu lassen. Der kleine Wassersack da oben hat immerhin einen ziemlich harten Job. Wie gut, dass du mit etwas Übung Ruhe in das Oberstübchen bringen kannst.
Wirkung der Meditation
Der Meditation werden viele gute Wirkungen nachgesagt und einige davon sind auch schon in wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen worden. Auf jeden Fall sorgt Meditation für eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit, wirkt Stress reduzierend und führt langfristig zu einem erhöhten Glücksempfinden. Außerdem lernst du dich und deine Gefühle besser zu verstehen bzw. sogar dich nicht mehr mit negativen Emotionen zu identifizieren (wodurch du diese wahrnehmen kannst, ohne dass sie dein Denken und Handeln bestimmen).
Im aller extremsten Fall – also nach jahrzehntelanger Übung mit vielen Stunden Meditation täglich – kann selbst extremer Schmerz den Menschen nicht mehr aus der Ruhe bringen. Der vietnamesische Mönch Quang Duc machte weder eine Bewegung noch gab er einen Laut von sich, als er sich am 11. Juni 1963 aus Protest selbst entzündete und lebendig verbrannte. Das bedeutet nicht, dass du oder ich diesen Zustand je erreichen könnten – der Zug ist abgefahren. Ich möchte dir damit nur die potentielle Kraft der Meditation vor Augen führen.
Mit nur ein paar Minuten am Tag kannst du Meditation lernen und deinem Geist helfen sich untertags ein wenig zu erholen und zu ordnen. Daher ist es ideal diese Übung bei der Arbeit oder nach viel Kopfarbeit zu machen.
„Schon nach einer Woche fühlte ich mich klarer, lebendiger und ausgeglichener. Meditation war der neue Kraftraum für meinen Geist!“
Max Gotzler in Biohacking – Optimiere dich selbst
Der französische Mönch Matthieu Ricard konnte in mehreren Untersuchungen nachweisen, dass er durch Meditation seine Gehirnaktivität beeinflussen kann.
Die beiden Speaker und Autoren Eckhart Tolle und Joe Dispenza verwenden hauptsächlich verschiedene Arten der Meditation um Körper und Geist von verschiedensten Leiden zu heilen.
Vorbereitung
Zum meditieren brauchst du nicht viel. Eigentlich reicht es, wenn du einen ruhigen Ort hast, an dem du sitzen oder liegen kannst. Du kannst aber z.B. auch auf dem Weg zur Arbeit im Zug oder Bus meditieren, wenn dich die Geräusche nicht stören (mache ich regelmäßig).
Wichtig ist, dass du eine angenehme Position findest. Dafür ist es hilfreich, wenn du dich auf ein Kissen oder ähnliches setzt. Ein Meditationskissen ist zwar sehr praktisch, aber nicht unbedingt notwendig. Natürlich kannst du auch in einem Sessel oder auf der Bettkante sitzen – Hauptsache es ist angenehm. Du kannst dich auch hinlegen, wobei du darauf achten solltest, dass du nicht einschlafen kannst (im Liegen also am besten die Beine aufstellen)
Im Sitzen achte auf einen aufrechten Rücken und leg die Arme in den Schoß oder auf die Oberschenkel. Du brauchst keine Kreise mit deinen Fingern formen oder ähnliches. Einfach entspannt sitzen.
Erste Übungen
Um mit dem meditieren zu beginnen solltest du dir eine kurze Zeitspanne aussuchen mit der du starten möchtest. Das können z.B. 3, 5, 10 oder auch 20 Minuten sein. Übernimm dich am Anfang nicht, es ist gar nicht so einfach wie es klingt.
Stell dir einen Wecker (mit einem sanften Ton) und schließ die Augen.
Für die ersten Einheiten würde ich dir empfehlen, dass du vier Techniken ausprobierst:
- Gedanken beobachten
- Nichts denken
- Körperscan
- Bewusstes Atmen
Versuche alle vier zumindest einmal, da sie jeweils eine andere Herangehensweise an die Meditation darstellen und unterschiedlich wirken können. Mich hat das „bewusste Atmen“ z.B. immer munter gemacht, während ich beim „Gedanken beobachten“ schon mehrmals auf längeren Zugfahrten eingeschlafen bin.
Gedanken beobachten
Bei dieser „Standard Variante“ der Meditation geht es darum eines der Basics zu lernen: Das Beobachten. Obwohl du grob genommen zwei Gehirne (ein emotionales und ein logisches) in deinem Kopf hast, bist du weder das eine noch das andere. Damit du dir dessen bewusst wirst, kannst du üben, die beiden zu beobachten. Dein emotionales Gehirn wird dir Empfindungen, wie Wut, Traurigkeit oder Hunger entgegen schleudern, während das logische Gehirn mit einer unendlichen Reihe an unglaublich wichtigen Sätzen daher kommt.
„Haben die Wörter Kipferl und Croissant eigentlich den selben Ursprung?“
– Mein Gehirn während der Mediation
Diese ständigen Gedanken (seien es Gefühle, Bilder oder Sätze) werden auch als „Monkey Mind“ bezeichnet, weil sie wie ein Affe wild hin und her springen. Deine Aufgabe ist es nun, diese Gedanken zu beobachten. Du sollst sie weder unterdrücken noch verurteilen – beides wäre sinnlos. Es geht nicht darum sie zu kontrollieren, sondern sich von ihnen zu distanzieren. Du bist nicht deine Gedanken (so blöd das auch klingen mag).
Wie kannst du etwas sein, dass du selbst gerade beobachtest?
Klar bleiben deine Gedanken ein Teil von dir – trotzdem nimmst du sie aus der Distanz ganz anders wahr. Wie bei einem Gewitter, das du vom Balkon aus genießt, während andere durch den Matsch laufen, ausrutschen und um ihr kaputtes Smartphone trauern.
Anwendung im Detail
Nachdem du eine entspannte Position gefunden hast, schließt du deine Augen und atmest ganz natürlich. Bewege dich so wenig wie möglich und versuche dich auf deine Gedanken zu fokussieren. Was macht dein Gehirn so? Vermutlich nur Blödsinn. Immerhin kennt es den Zustand der Ruhe nicht. Es wird schnattern wie eine alte Oma, die dir im Bus ihre Lebensgeschichte erzählt und über die heutige Jugend schimpft.
Wie bereits erwähnt sollst du diese Gedanken weder unterdrücken, noch verurteilen, noch verdrängen – bleib ganz neutral. Beobachte einfach was daher kommt. Anfangs wirst du dich in den Gedankne verlieren und dich mit ihnen identifizieren. Dann kommst du erst Minuten später drauf, dass du gar nicht über das Video mit der übergewichtige Katze nachdenken wolltest.
Kein Problem, das passiert. Meistens wusste ich dann gar nicht mehr, wo ich aufgehört habe zu beobachten und ins Denken geraten bin. Irgendwann kommst du schon drauf und gehst zurück in den „Beobachter-Modus“. Das coole daran ist, dass du immer länger beobachten kannst und dein Abdriften immer schneller bemerkst. Relativ bald wirst du deine Gedanken wie Wolken vorbei gleiten sehen, ohne ihnen zu folgen oder sie zu bewerten. Und damit hast du den eigentlichen Sinn der Meditation entdeckt: Das wertfreie Sein.
Anfangs brauchst du ein Ziel und Erfolge. Du willst besser werden und es allen zeigen. Das lustige an der Meditation ist aber, dass das eigentliche Ziel gar kein Ziel ist. Du bist einfach – ohne dich selbst, die momentane Zeit oder irgendwas anderes zu bewerten. Dieser Zustand kann unglaublich befreiend sein, auch wenn er schwer zu erreichen ist.
Nichts denken
Diese Übung funktioniert ähnlich wie das Beobachten deiner Gedanken. Allerdings versuchst du dieses Mal tatsächlich keine Gedanken aufkommen zu lassen. Das ist um einiges anspruchsvoller als die reine Beobachtung. Denn auch bei dieser Übung sollst du deine Gedanken weder unterdrücken noch verurteilen. Es geht darum das Gehirn in Leerlauf zuschalten und ihm eine Pause zu gönnen. Natürlich ist es nicht möglich deine Gedanken komplett abzuschalten, aber du kannst lernen den Kreislauf deiner Sorgen und Ängste zu durchbrechen.
Anwendung im Detail
Schließe deine Augen und versuche an nichts zu denken. Keine Tragik, wenn es bei den ersten Versuchen nur wenige Sekunden klappt, ist das normal. Ehe du es merkst, verfällt dein Gehirn in seinen normalen Modus und bringt irgendwelche Gedanken daher, die du momentan eigentlich gar nicht haben willst. Aber ärgere dich nicht, sondern nimm es wahr und starte wieder von vorne. Den Gedanken solltest du ganz ruhig „beiseite schieben“. Nichts erzwingen bitte! Immerhin soll Meditation lernen keine Anstrengung sein, sondern Spaß machen!
Zur Unterstützung kannst du auch die Sekunden zählen, die du es schaffst bzw. einer Meditationsmusik lauschen. Oder du konzentrierst dich ganz auf deine Atmung, die am besten durch die Nase in den Bauch geführt wird. Hauptsache, es kommt kein Bild, kein Gedanke, kein irgendwas in deinem Kopf daher. Dabei wird dir vermutlich auffallen, wie angenehm ein stiller Geist sein kann. Mit der Zeit wirst du besser darin werden und die Zeiten bis zu deinem ersten Denkvorgang werden länger. Wenn dich die Umgebungsgeräusche ablenken, verwende Lärmschutzkopfhörer oder Oropax (Ohrenstöpsel).
Körperscan
Diese Variante ist dem autogenen Training sehr ähnlich, was nicht verwunderlich ist, da sowohl die Meditation wie auch das autogene Training auf einen ruhigen fokussierten Geist abzielen. Beim Körperscan gehst du gedanklich durch deinen Körper und versuchst diesen achtsam wahrzunehmen. Damit bist du ganz bei dir und deinem Körper. Das kann sehr entspannend sein, erfordert gleichzeitig aber auch eine hohe Konzentration.
Der große Vorteil daran ist, dass du deine Gedanken durch das Scannen fast automatisch abschaltest. Du bist so fokussiert, dass erst gar keine Gedanken aufkommen.
Anwendung im Detail
Setz oder leg dich an einen ruhigen Ort und schließ die Augen. Dann beginnst du entweder ganz oben oder ganz unten an deinem Körper diesen bewusst wahrzunehmen. Geh jede einzelne Körperstelle mit deinen Gedanken ab.
Wenn du ganz unten beginnst, wirst du versuchen erst deine Zehen, dann die Fußsohlen und die Ferse intensiv zu spüren. Halte deinen Körper dabei ganz ruhig und entspannt. Auch diese Übung ist Anfangs gar nicht so leicht und es kann sein, dass du gedanklich abschweifst oder die Geduld verlierst – ist ok. Das ist kein Wettbewerb. Versuch es einfach später nochmal.
Du kannst bei deinen ersten Durchgängen noch etwas schneller durch den Körper wandern und die Geschwindigkeit mit jedem Durchgang etwas zurückschrauben. Es ist kein Problem, wenn du mit 3 oder 5 Minuten beginnst, solange du es regelmäßig machst. Bald wirst du dann längere Einheiten und einen langsameren Scan bevorzugen.
Dieser Körperscan kann dir auch bei juckenden oder stechenden Körperstellen helfen, da diese meist aufhören, wenn du dich intensiv darauf konzentrierst. Daher bringe ich diese Technik auf teilweise in andere Meditationsübungen hinein.
Bewusste Atmung
Die bewusste Atmung ist die schwierigste der vier Übungen, da du sehr leicht unruhig und gehetzt wirst. Immerhin geht es darum, den Atem zu verlangsamen. Dazu nimmst du einen bestimmten Rhythmus nach dem du einatmen, Luft anhalten und wieder ausatmen möchtest. Am einfachsten ist es dafür eine App zu verwenden, die dir die einzelnen Phasen immer wieder vorsagt. Natürlich kannst du ebenso in Gedanken mitzählen oder dich auf dein Gefühl verlassen.
Das Anstrengende dabei ist, dass du entspannt bleiben solltest – also nicht in Atemnot geraten. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. In den Anfängen ist die Atmen alles andere als ruhig und ich habe mich meistens zwingen müssen, die Luft lange genug anzuhalten (auch wenn es nur ein paar Sekunden waren). Du gewöhnst dich aber recht schnell an die bewusste Atmung und kannst bald ganz gelassen den vorgegebenen Atemrhythmus einhalten.
Detaillierte Anwendung
Entspannt hinsetzen und Augen schließen (am besten vorher noch die App starten). Dann versuchst du in aller Ruhe in der vorgegebenen Geschwindigkeit einzuatmen, dann die Luft anzuhalten und anschließend wieder auszuatmen – immer mit der gleichen Zeitspanne. Bei der App „Centered“ sind das z.B. jeweils 5 Sekunden. Also 5 Sekunden Luft holen, 5 Sekunden anhalten und 5 Sekunden wieder auslassen. Dann beginnt der Kreislauf von vorne. Die Kunst dabei ist es nicht zu viel oder zu wenig Luft in die Lungen zu saugen. Beginnen würde bei dieser Technik mit maximal 5 Minuten, da diese Zeitspanne schon schwer zu meistern ist. 20 Minuten am Stück habe ich erst nach langsamer Steigerung geschafft.
Im Gegensatz zu den anderen beiden Methoden wirkt die bewusste Atmung (zumindest bei mir) eher aufweckend statt entspannend. Während ich bei den anderen beiden schon des öfteren eingeschlafen bin, ist mir das bei der bewussten Atmung noch nie passiert.
Meditations Apps
Ich habe einen Haufen Meditations-Apps ausprobiert (glaube mir, es waren wirklich viele). Am besten bewährt haben sich 7Mind, Headspace und Centered.
Centered
Obwohl die App Centered nur für die bewusste Atmung verwendet werden kann gehört sie doch zu den besten Meditations Apps, da sie gut und einfach funktioniert und auch noch kostenlos ist.
Headspace
Der Vorteil von Headspace ist, dass die App sehr ansprechend gestaltet ist und die Hintergründe in kurzen Videos gut erklärt. Sie hat eine große Auswahl an angeleiteten Mediationen und zusätzlich noch Einschlaf-Geräusche (die ich aber noch nie verwendet habe). Die App kostet allerdings 6 Euro im Monat.
7Mind
Obwohl 7Mind eine meiner ersten Meditations-Apps war und ich sie im Vergleich lange verwendet habe, habe ich sie irgendwann gegen Headspace getauscht. Zwar hat 7Mind auch eine große Auswahl an angeleiteten Mediationen, aber mir haben der Stil und die Erklär-Videos von Headspace besser gefallen. Das Design von 7Mind ist sehr schlicht und einfach gehalten, was auch sehr Vorteil haft sein kann. Leider ist auch 7Mind kostenpflichtig und möchte 5 Euro pro Monat von dir haben.
Anmerkungen zur Meditation
Bestimmt hast du schon gehört, dass buddhistische Mönche bei der Meditation ein tiefes „Om“ vor sich hin summen. Diese Art der Meditation wirkt zusätzlich entspannend, da das Summen dich noch stärker in den meditativen Zustand versetzt und zusätzlich die Chi Zentren im Körper anregen soll.
Um deine Gedanken zu stoppen ist es manchmal ganz hilfreich dein Gehirn anders zu beschäftigen. Dafür kannst du dich zum Beispiel auf deinen Atem konzentrieren.
Für unterwegs eignen sich die Meditations-Apps, aber auch einfache Beruhigungsgeräusche hervorragend, wenn du gute Kopfhörer verwendest. Bedenke aber, dass du dich so vollkommen von deiner Umgebung abschottest und kaum mehr etwas mitbekommst. Außerdem kann es passieren, dass du einschläfst.
Wenn dich Geräusche beim meditieren stören, kannst du auch Lärmschutzkopfhörer verwenden. Mit denen hörst du fast gar nichts mehr, bis auf deine eigene Atmung und deinen Herzschlag.
Hast du noch Fragen oder eigene Erfahrungen zum meditieren? Dann schreib doch ins Forum!
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